Seit 2015 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn. Bei seiner Einführung belief er sich auf 8,50 Euro brutto pro geleistete Arbeitsstunde und soll als Lohnuntergrenze verhindern, dass Arbeitnehmer ihr Leben trotz Vollzeitbeschäftigung nicht finanzieren können.
Alle zwei Jahre führt eine aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern bestehende Kommission eine Überprüfung des Mindestlohns durch und entscheidet, ob dieser eine Anpassung nötig hat. Maßgeblich bei dieser Entscheidung sind unter anderem die Tarifentwicklungen der letzten Jahre. Mittlerweile wurde die gesetzliche Lohnuntergrenze auf 12,82 Euro (Stand: Januar 2025) brutto in der Stunde erhöht.
Trotz dieser Erhöhung ist Deutschland immer noch geteilter Meinung. Nach wie vor existieren Argumente für und gegen den Mindestlohn. Wie diese im Detail aussehen und ob letztendlich beim Mindestlohn Pro oder Contra überwiegt, klären wir im Ratgeber.
Inhalt
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Kompaktwissen: Pro- und Contra-Argumente beim Mindestlohn
Wie die Argumente für den Mindestlohn aussehen, erfahren Sie hier.
Hier finden Sie eine Auflistung der Argumente gegen die gesetzliche Lohnuntergrenze.
Zwar scheinen sich die Pro- und Contra-Argumente beim Mindestlohn einigermaßen die Waage zu halten, allerdings überwiegen letztendlich die Argumente dafür.
Pro Mindestlohn: Argumente für die Lohnuntergrenze
- Staat wird entlastet: Der Mindestlohn soll dafür sorgen, dass weniger Menschen staatliche Unterstützung benötigen und ihren Lebensunterhalt allein mit ihrem Gehalt bestreiten können. Gibt es entsprechend weniger „Aufstocker“ (Arbeitnehmer, die so wenig verdienen, dass sie zusätzlich auf Arbeitslosengeld II bzw. Hartz IV angewiesen sind), entlastet dies die Staatskassen.
- Es gibt weniger Schwarzarbeit: Vor der Einführung der gesetzlichen Lohnuntergrenze war das Einkommen einiger Arbeitnehmer teilweise so gering, dass sie sich weitere Jobs suchen mussten. Oft wurden diese schwarz bezahlt, um sich die Abgaben an den Staat zu sparen. Ein weiteres der Argumente für den Mindestlohn ist daher, dass solche Maßnahmen nun in der Regel nicht mehr notwendig sind, weil Beschäftigte nun besser entlohnt werden.
- Lohnarmut wird verhindert: Das für einige wohl wichtigste Argument bei der Diskussion „Mindestlohn – Pro oder Contra?“ ist der Schutz vor Verarmung trotz Vollzeitjob. Wer 40 Stunden in der Woche arbeitet, sollte davon auch leben können. Pro Mindestlohn ist daher, dass er für Gerechtigkeit sorgt.
- Binnennachfrage wird gestärkt: Beim Mindestlohn handelt es sich um eine gesetzlich festgesetzte Untergrenze. Dementsprechend ist es nicht möglich, auf großem Fuß zu leben und das Geld quasi mit vollen Händen auszugeben. Es ist eher davon auszugehen, dass ein Großteil des Einkommens wieder dem Wirtschaftskreislauf zugeführt wird.
- Schutz vor Lohndumping: Auf Arbeitskräfte, die aus Niedriglohnländern stammen, wurde in der Vergangenheit oft zurückgegriffen, um billiger als die Konkurrenz produzieren zu können. Diese müssen jedoch seit der Einführung des Mindestlohns ebenfalls mit mindestens 12,82 Euro (Stand: Januar 2025) brutto pro geleistete Arbeitsstunde entlohnt werden. Dadurch ergeben sich außerdem keine Nachteile für deutsche Arbeiter.
- Arbeitnehmer sind motivierter: Der nächste Aspekt aus der Liste der auf den Mindestlohn bezogenen Pro- und Contra-Argumente ist relativ simpel: Fühlen sich Arbeitnehmer wertgeschätzt und angemessen bezahlt, legen sie in der Regel ein höheres Maß an Motivation an den Tag und leisten bessere Arbeit.
- Auch Berufseinsteiger erhalten einen angemessenen Lohn: Der letzte Punkt der in Bezug auf den Mindestlohn diskutierten Pro-Argumente bezieht sich darauf, dass die Benachteiligung von Berufseinsteigern mittlerweile der Vergangenheit angehört. Sie wurden trotz abgeschlossener Ausbildung oder Studium zunächst sehr gering für ihre Arbeit entlohnt, obwohl diese einen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens leistete. Mittlerweile müssen sie ebenfalls den Mindestlohn erhalten.
Gegen den Mindestlohn: Contra-Argumente
- Mangel an Fachkräften wird noch verstärkt: Contra Mindestlohn spricht unter anderem, dass er auch volljährigen Mitarbeitern gezahlt werden muss, die über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Da während der Ausbildung nicht selten eine geringe Vergütung gezahlt wird, entscheiden sich einige junge Menschen dagegen, was einen noch höheren Mangel an Fachkräften in Deutschland zur Folge hat.
- Kosten für Dienstleistungen steigen: Dieser Aspekt der in Bezug auf den Mindestlohn diskutierten Pro- und Contra-Argumente dreht sich um die Preiserhöhungen bei diversen Dienstleistungen. Da die Lohnuntergrenze, abgesehen von gewissen Ausnahmen, für alle Arbeitnehmer gilt und viele Dienstleister daher seit der Einführung dieser mehr verdienen müssen, schlägt sich dies auch bei den Kosten für Verbraucher nieder. Besuche beim Friseur oder Taxifahrten sind beispielsweise entsprechend teurer geworden.
- Bürokratischer Aufwand erhöht sich: Das nächste der Contra-Mindestlohn-Argumente liegt auf der Hand: Ob sich Arbeitgeber auch tatsächlich an die gesetzlichen Vorgaben halten, muss kontrolliert werden. Diese Aufgabe fällt der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) zu. Daraus ergibt sich logischerweise ein höherer bürokratischer Aufwand.
- Gewerkschaften verlieren an Bedeutung: Da die jeweiligen Arbeitsbedingungen im Vorfeld ohne Einschränkung in Tarifverträgen festgesetzt werden konnten und der Mindestlohn dem nun einen Strich durch die Rechnung macht, bringt er automatisch eine Einschränkung der Tarifautonomie mit sich. Gewerkschaften werden dadurch ebenfalls geschwächt.
- Arbeitsplätze müssen abgebaut werden: Manchen Unternehmen ist es schlichtweg nicht möglich, alle ihre Mitarbeiter mit mindestens 12,82 Euro (Stand: Januar 2025) brutto zu entlohnen. Aus diesem Grund blieb ihnen nach der Einführung des Mindestlohns teilweise nichts anderes übrig, als die Mitarbeiterzahlen durch Entlassungen zu verringern. Sogenannte „Minijobber“ waren ebenfalls davon betroffen.
- Langzeitarbeitslosen wird der Wiedereinstieg in die Berufswelt erschwert: Der letzte Punkt der in Bezug auf den Mindestlohn diskutierten Pro- und Contra-Argumente bezieht sich auf Menschen, die bereits ein Jahr lang oder noch länger arbeitslos sind. Diese bekommen ihre Tätigkeit in den ersten sechs Monaten eines neuen Arbeitsverhältnisses nämlich nicht mit dem Mindestlohn vergütet, was ihnen als Langzeitarbeitslosen den Wiedereinstieg erschwert.
Mindestlohn: Pro- und Contra-Argumente in unserer Tabelle
Da die Liste der Vor- und Nachteile beim Mindestlohn recht umfangreich und es daher nicht schwierig ist, den Überblick zu verlieren, haben wir für Sie die Pro- und Contra-Argumente zum Mindestlohn in einer Tabelle zusammengefasst:
Pro-Argumente beim Mindestlohn | Contra-Argumente beim Mindestlohn |
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Mindestlohn: Überwiegt Pro oder Contra?
Es existieren einige Pro- und Contra-Argumente beim Mindestlohn. Welche Seite sich letztendlich durchsetzt, ist jedoch gar nicht so leicht zu sagen. Es ist nicht zu bestreiten, dass Arbeitnehmer im Regelfall von der gesetzlichen Lohnuntergrenze profitieren und um einiges besser bezahlt werden.
Schätzungen zufolge trifft dies auf etwa vier Millionen Menschen in Deutschland zu. Logisch ist auch, dass besser bezahlte Mitarbeiter oft motivierter sind, weil sie sich wertgeschätzt fühlen.
Es sollte jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Einführung des Mindestlohns auch den Verlust einiger Arbeitsplätze nach sich zog. Dies betraf vor allem einige Minijobs, bedeutet jedoch nicht automatisch, dass die Betroffenen nun arbeitslos sind. Ebenso könnten sie mittlerweile einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen, weil der Minijob in eine solche umgewandelt wurde. Der Rückgang sogenannter „Aufstocker“ sei Experten zufolge jedoch minimal, auch die Zahl der Armutsgefährdeten habe sich kaum verändert.