In Deutschland sowie einigen anderen europäischen Ländern gilt ein besonders hoher Kündigungsschutz für Angestellte. Im Gegensatz zu vielen Ländern weltweit konzentriert sich der umfassende Schutz von Arbeitnehmenden hierzulande darauf, sie vor einer unsozialen, nicht gerechtfertigten und nicht nachvollziehbaren Kündigung zu schützen. Einige Gruppen, die im Falle einer Kündigung am Arbeitsmarkt besonders benachteiligt verbleiben würden, werden sogar noch weitreichender geschützt. Zählen ältere Arbeitnehmende dazu? Und welche Bestimmungen betreffen kleinere Unternehmen? Verschaffen Sie sich hier einen umfangreichen Überblick über die Regeln im Kündigungsschutz in Deutschland.
Inhalt
Kompaktwissen: Kündigungsschutz
In Deutschland besteht ein gesetzlicher Kündigungsschutz, der regelt, dass Arbeitnehmenden nicht ohne weiteres gekündigt werden darf. Werden die Voraussetzungen für den Kündigungsschutz erfüllt, muss es zudem einen triftigen Grund geben, dass die Kündigung rechtens ist. Das Kündigungsschutzgesetz (KschG) hat hierfür drei Anlässe einer Kündigung festgelegt: Eine personenbedingte, verhaltensbedingte oder die betriebsbedingte Kündigung. Mehr dazu lesen Sie hier.
Arbeitnehmende stehen unter Kündigungsschutz, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Zum einen muss der Betrieb über zehn Mitarbeitende in Vollzeit beschäftigen, zum anderen muss das Beschäftigungsverhältnis bereits seit mindestens sechs Monaten bestehen. Ein Überblick über die Voraussetzungen gibt es hier.
Unter dem gesetzlichen Kündigungsschutz stehen alle Arbeitnehmenden eines Unternehmens, das über zehn Beschäftigte hat und die schon seit über sechs Monaten beschäftigt sind. Bestimmte Personengruppen schützt ein besonderer Kündigungsschutz. Welche das sind, lesen Sie hier.
Kündigungsschutz in Deutschland im Überblick
Kündigungsschutz bedeutet per Definition in etwa folgendes: Arbeitnehmende werden entweder durch das Gesetz oder einen Tarif vor einer sozial ungerechtfertigten Kündigung in Schutz genommen.
Es gibt zunächst zwei Bedingungen, die erfüllt werden müssen, dass der Kündigungsschutz überhaupt greift: Das Unternehmen beschäftigt mehr als zehn Angestellte in Vollzeit und die Beschäftigung erfolgt bereits seit mindestens sechs Monaten.
Sollte eine diese beiden für den Kündigungsschutz erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sein, sprich, das Unternehmen hat zehn oder weniger Angestellte oder das Anstellungsverhältnis läuft seit weniger als sechs Monaten, gilt für die Kündigung kein gesetzlicher Kündigungsschutz. Dennoch darf die Kündigung nicht einfach ohne einen besonderen Grund erfolgen. Auch die Arbeitgeber in Kleinbetrieben müssen den generellen Vorgaben einer Kündigung folgen. Mehr dazu lesen Sie weiter unten.
Andernfalls besteht allgemeiner Kündigungsschutz. Erreicht Sie trotz gegebenen Voraussetzungen im Kündigungsschutz eine Kündigung, könnte in manchen Fällen möglicherweise eine Kündigungsschutzklage vielversprechend sein.
Achtung: Auszubildende sowie über ein Praktikum Beschäftigte, werden bei der zu erreichenden zehn-Personen-Mindestgrenze von Betrieben nicht berücksichtigt. Teilzeitbeschäftigte werden Anteilig an ihrer wöchentlichen Stundenzahl mit einberechnet.
Ebenfalls bedeutend im Kündigungsschutz ist die Betriebszugehörigkeit. Die Dauer der Beschäftigung bei einem Betrieb kann sich maßgeblich auf eine Kündigung auswirken. Je nachdem, wie lange Arbeitnehmende bereits im Unternehmen tätig sind, beeinflusst das die Kündigungsfrist des Arbeitsverhältnisses.
Im Kündigungsschutz sind folgende Fristen aufgrund der Dauer der Betriebszugehörigkeit festgelegt:
Betriebszugehörigkeit | Kündigungsfrist |
---|---|
bis zu 6 Monate | 2 Wochen (Kündigungszeitpunkt frei wählbar) |
bis zu 2 Jahre | 4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende |
2 bis 5 Jahre | 1 Monat zum Monatsende |
5 bis 8 Jahre | 2 Monate zum Monatsende |
8 bis 10 Jahre | 3 Monate zum Monatsende |
10 bis 12 Jahre | 4 Monate zum Monatsende |
12 bis 15 Jahre | 5 Monate zum Monatsende |
15 bis 20 Jahre | 6 Monate zum Monatsende |
über 20 Jahre | 7 Monate zum Monatsende |
Gilt nur bei Kündigung durch den Arbeitgeber. Bei Kündigung der Arbeitnehmenden gilt die gesetzliche Mindestkündigungsfrist. |
Themen rund um Kündigungsschutz
Kündigungsgründe im Kündigungsschutzgesetz
Es gibt im Allgemeinen drei Gründe, warum trotz Kündigungsschutz für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen eine Kündigung erfolgen kann. § 1 Absatz 2 im Kündigungsschutzgesetz (KschG) legt hierzu fest, dass eine Kündigung ausschließlich gerechtfertigt ist, wenn es sich dabei um Gründe handelt,
„die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen“.
Die Kündigungsgründe lauten also wie folgt:
- Personenbedingte Kündigung
- Verhaltensbedingte Kündigung
- Betriebsbedingte Kündigung
Was bedeutet personenbedingte Kündigung?
Eine personenbedingte Kündigung erfolgt durch Pflichtverletzungen der Arbeitnehmenden. Die Arbeit kann nicht mehr ordnungsgemäß geleistet werden. Zum Beispiel aufgrund von Führerscheinverlust sowie häufiger oder langer Krankheit. Die Gründe der personenbedingten Kündigung liegen also in der Person selbst.
Wie rechtfertigt sich eine verhaltensbedingte Kündigung?
Verhalten sich Angestellte falsch, greift unter Umständen der gesetzliche Kündigungsschutz nicht und es folgt eine verhaltensbedingte Kündigung. Unzumutbares Fehlverhalten wie Diebstahl, sexuelle Belästigung von Kollegen oder Kolleginnen oder falsche Angaben zur geleisteten Arbeitszeit führen zu dieser Art von Kündigung.
Wann ist eine betriebsbedingte Kündigung rechtens?
Die betriebsbedingte Kündigung kann entweder auf außerbetrieblichen oder innerbetrieblichen Gründen basieren. Ein starker Umsatzeinbruch kann beispielsweise als außerbetrieblicher Faktor zählen. Innerbetriebliche Ursachen können Standortschließungen oder die Einbindung externer Arbeitskräfte sein. Liegen inner- oder außerbetriebliche Gründe vor, ist eine betriebsbedingte Kündigung trotz gesetzlichem Kündigungsschutz rechtens.
Gibt es mehrere Kandidaten im Unternehmen, die für eine Kündigung aus betrieblichen Gründen in Frage kommen, muss der Arbeitgeber eine sogenannte Sozialauswahl durchführen.
§ 1 Absatz 3 des KschG besagt dazu, dass:
„der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers“ …
… berücksichtigen muss. Das heißt diejenige Person, die am längsten dem Betrieb angehört, am ältesten ist, die größten gesetzlichen Unterhaltspflichten (zum Beispiel Kinder) hat oder schwerbehindert ist, darf bleiben. Bei der Sozialauswahl trifft es dann diejenige Person, deren Kündigung aufgrund der getroffenen Sozialauswahl am wenigsten sozial ungerechtfertigt ist – also diejenige Person, die am schnellsten Aussicht auf eine neue Stelle hat.
Sonderkündigungsschutz für bestimmte Personengruppen
Personen in bestimmten Situationen werden durch einen besonderen Kündigungsschutz weitreichender geschützt als andere. Darunter zählt beispielsweise:
- Kündigungsschutz für den Betriebsrat:
Mitglieder des Betriebsrats sind entsprechend § 15 Absatz 1 KschG vor einer Kündigung geschützt. Dieser Schutz bleibt auch nach Beendigung der Mitgliedschaft für ein weiteres Jahr bestehen. - Kündigungsschutz während Schwangerschaft (Mutterschutz):
Ab dem Beginn der Schwangerschaft bis vier Monate nach der Entbindung besteht besonderer Schutz. Der Arbeitgeber muss von der Schwangerschaft in Kenntnis gesetzt werden, damit der Kündigungsschutz greift. Auch wenn eine Kündigung in der Schwangerschaft erfolgt, bevor der Arbeitgeber darüber benachrichtigt wurde, kann dieser nachträglich informiert werden. Der Kündigungsschutz gilt trotzdem. Selbst wenn die Schwangere bei Kündigung noch unwissentlich schwanger war. Die ausschlaggebende Voraussetzung ist, dass eine Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung vorliegt. - Kündigungsschutz in der Elternzeit:
Dieser gilt ab der Anmeldung beim Arbeitgeber. Bei Eltern von Kindern unter drei Jahren gilt der Schutz bis zu acht Wochen vor dem Antritt der Elternzeit. Bei Kindern, die zwischen drei und acht Jahre alt sind, greift der besondere Kündigungsschutz ab 14 Wochen vor dem Beginn der Elternzeit. - Kündigungsschutz bei Behinderung:
Schwerbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 oder höher sind vor Kündigungen umfangreicher geschützt. Deren Kündigungsschutz ist, im Gegensatz zu anderen geschützten Personengruppen, nicht abhängig von der zehn-Personen-Mindestgrenze eines Unternehmens. - Kündigungsschutz bei Gleichstellung:
Auch gleichgestellte behinderte Menschen mit einem GdB von 30 oder 40 sind besonders geschützt. Bei schwerbehinderten sowie gleichgestellten Arbeitnehmenden muss das Integrationsamt eine Kündigung genehmigen.
Der besondere Kündigungsschutz dieser Personengruppen soll sie vor Nachteilen auf dem Arbeitsmarkt schützen.
Personen, die dem Sonderkündigungsschutz unterliegen sind nahezu unkündbar. Die Betonung liegt jedoch auf „nahezu“. In Ausnahmefällen, wie einer Betriebsschließung aufgrund von Insolvenz, können beispielsweise auch Schwangere gekündigt werden. Zusätzlich muss hierfür aber die Landesbehörde ihre Zustimmung abgeben.
Kündigungsschutz im Alter: Ab wann gilt ein besonderer Schutz?
Welche Rolle spielt das Alter bei einer Kündigung? Gibt es einen speziellen Kündigungsschutz für Arbeitnehmende ab 55 oder 60 Jahren?
Tatsächlich ist es nicht so, dass ältere Angestellte generell durch einen besonderen Schutz vor einer Kündigung sicher sind. Entgegen dieser weit verbreiteten Annahme, gilt hier allein der gesetzliche Kündigungsschutz. Dennoch spielt das Alter bei Kündigung eine Rolle. Und zwar in Bezug auf die Betriebszugehörigkeit. Sind ältere Angestellte schon viele Jahre bei einem Unternehmen beschäftigt, orientiert sich die Kündigungsfrist daran. Die Tabelle oben, gibt einen Überblick über die Fristen. Zusätzlich können ältere Angestellte auch durch die gesetzlich festgelegten Kriterien der Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung einen Vorteil haben.
Für Arbeitnehmende, die tariflich angestellt sind, besteht wiederum schon ab 53 Jahren ein erweiterter Kündigungsschutz. So beispielsweise bei Mitgliedern der Gewerkschaft IG Metall. Ab dem 52. Geburtstag darf hier nicht mehr ordentlich gekündigt werden und ab dem 53. Geburtstag ist sogar eine Minderung des Arbeitsentgelts ausgeschlossen. Lediglich eine außerordentliche bzw. fristlose Kündigung ist dann noch möglich.
Wie sieht der Kündigungsschutz bei längerer Krankheit aus? Bei Krankheit besteht kein erweiterter Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber kann also auch während einer Arbeitsunfähigkeit ordentlich kündigen. Die Schwere der Krankheit spielt hier keine Rolle. Arbeitnehmenden, die oft krank sind (insgesamt mehr als 30 Tage im Jahr), kann der Arbeitgeber personenbedingt kündigen.
So ist der Kündigungsschutz in einem Kleinbetrieb geregelt
Da sich das KschG nur auf Unternehmen mit mehr als zehn angestellten Mitarbeitern in Vollzeit bezieht, besteht bei kleinen Betrieben kein gesetzlicher Kündigungsschutz.
Dennoch muss sich der Arbeitgeber bei einer Kündigung auch hier an gewisse Regeln halten. Im Übrigen gelten diese Regeln auch für die größeren Unternehmen. Beispielsweise:
- Formelle Aspekte der Kündigung müssen berücksichtigt werden (zum Beispiel Unterschrift und Originaldokument)
- Die Kündigung darf nicht erfolgen, weil Mitarbeitende ihre Rechte wahrnehmen (zum Beispiel Kündigung unmittelbar nach einem Urlaubsantrag)
- Die Kündigung darf nicht aufgrund religiöser, ideologischer oder sexueller Orientierung erfolgen (dabei handelt es sich um Diskriminierung)
Der Sonderkündigungsschutz für bestimmte Personengruppen, wie zum Beispiel Schwangere, Betriebsratsmitglieder oder Menschen mit einer Behinderung gilt auch in Kleinbetrieben. Genauso gelten die verlängerten Kündigungsfristen durch die Dauer der Betriebszugehörigkeit.
Besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber gegen die allgemein gültigen Regeln einer Kündigung verstoßen hat, lässt sich gegebenenfalls mit einer Kündigungsschutzklage eine Abfindung erzielen.