Extreme Temperaturen während der Sommerzeit sind für Beschäftigte im Büro oder im Homeoffice nicht nur besonders belastend, sondern können potenziell gefährlich sein. Sind Menschen hohen Temperaturen langfristig ausgesetzt, können beispielsweise Dehydration oder Hitzestress die Folge sein, der sich durch Übelkeit, Kopfschmerzen oder Schwindel ausdrückt. Im schlimmsten Fall kann die Belastung sogar zu einem Hitzeschlag führen.
Umfasst der Arbeitsschutz folglich spezielle Regelungen, die Arbeitgeber verpflichten, Angestellten ab bestimmten Temperaturen Hitzefrei von der Arbeit zu geben? Müssen Arbeitgeber überdies bestimmte Vorkehrungen treffen, um Ihre Mitarbeiter vor Hitze zu schützen? Unser Ratgeber liefert einen Überblick der bestehenden Regeln und Pflichten zum Hitzeschutz am Arbeitsplatz.
Inhalt
Kompaktwissen: Hitzefrei auf der Arbeit
Nein, das Arbeitsschutzgesetz garantiert Arbeitnehmenden kein generelles Recht auf Hitzefrei im Betrieb oder im Homeoffice, egal welche Temperaturen vorherrschen. Angestellte dürfen zudem unter keinen Umständen eigenständig, also ohne Genehmigung der Führungskraft, hitzefrei zu nehmen. Dies würde einen Verstoß gegen die Arbeitspflicht bedeuten, der im Wiederholungsfall eine Kündigung nach sich ziehen kann.
Obgleich das Arbeitsrecht kein Hitzefrei für die Arbeit vorsieht, sind Arbeitsplätze, in denen eine Lufttemperatur von über +35 Grad Celsius herrscht, gemäß der Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) A3.5 (Raumtemperatur) nicht mehr als Arbeitsort geeignet. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer entsprechende Vorkehrungen für Hitzearbeit treffen (bspw. spezielle
Arbeitskleidung oder Luftduschen zur Verfügung stellen).
Ja, gemäß Anhang 3.5 Abs.1 zu § 3 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) müssen Arbeitgeber für eine zuträgliche Raumtemperatur sorgen und ihre Angestellten durch Belastungen von extremen Temperaturne (sowohl Hitze als auch Kälte) zu schützen. Folglich müssen Arbeitgeber Schutzmaßnahmen gegen eine mögliche Überhitzung an Arbeitsort ergreifen. Weitere Informationen zur Handlungspflicht der Arbeitsgebers erhalten Sie hier.
Arbeitsschutzgesetz gewährt kein Hitzefrei auf der Arbeit
Es gibt keine gesetzliche Vorschrift gemäß der Arbeitnehmer Recht auf Hitzefrei am Arbeitsplatz haben, wenn bestimmte Temperaturen überschritten werden. Dies gilt Dementsprechend dürfen Angestellt auch keinesfalls eigenwillig hitzefrei von der Arbeit nehmen. Dies entspräche einer Arbeitsverweigerung, was mit einer Abmahnung gestraft wird und bei Wiederholung sogar ein Kündigungsgrund sein kann.
Allerdings kann eine Art von Hitzefrei durch Arbeitgeber genehmigt werden, indem Angestellte an heißen Tagen früher mit der Arbeit beginnen dürfen, um die Arbeitsstätte am Nachmittag vorzeitig verlassen zu können, um der Hitze zu entgehen.
Arbeitsschutz: Arbeitnehmer muss Hitzeschutz gewährleisten
Auch wenn Arbeitnehmern kein gesetzliches Hitzefrei auf der Arbeit zusteht, sind Arbeitgeber im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes und der Fürsorgepflicht dazu verpflichtet, Ihre Angestellten vor gesundheitsgefährdenden Belastungen durch Hitze oder Kälte zu bewahren.
Dementsprechend müssen Sie an den Arbeitsstätten gemäß Anhang 3.5 Abs.1 zu § 3 ArbStättV auch für eine „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur“ sorgen. Diesbezüglich empfehlen die ASR bestimmte Grenzwerte, an denen Arbeitgeber Hitzeschutzmaßnahmen orientieren können.
Gut zu wissen: Schwangere und stillende Mütter sowie ältere Personen gelten als besonders schutzbedürftig. Folglich bestehen hier besondere Pflichten. Beispielsweise muss Stillenden und Schwangeren gemäß Mutterschutzgesetz (MuSchG) ein besonders hoher Schutz am Arbeitsplatz gewährleistet werden. Dies kann bedeuten, dass sie eine Art Hitzefrei von der Arbeit erhalten, indem ihnen spezielle Arbeitszeiten zugeteilt werden.
Grenzwerte und Hitzeschutzmaßnahmen gemäß ASR
Die für Arbeitsstätten empfohlene Temperatur liegt bei +26 Grad Celsius, solange die Betriebsbedingungen kein besonderes Raumklima voraussetzen (bspw. Kühlhäuser oder medizinische Badehäuser). Übersteigen die Temperaturen diesen Grenzwert im Sommer, sehen die ASR ein dreistufiges Maßnahmenkonzept vor:
Bei Temperaturen zwischen +26 Grad Celsius und +30 Grad Celsius soll der Arbeitgeber Hitzeschutzmaßnahmen ergreifen und für Sonnenschutz sorgen.
Steigen die Raumtemperaturen über +30 Grad Celsius, ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet entsprechend zu handeln. Beispielmaßnamen, die die ASR nennen, sind etwa
- das Herunterlassen der Rollos,
- die Lüftung der Räume über Nacht,
- die Bereitstellung von Ventilatoren,
- eine Verschiebung der Arbeitszeiten (evtl. früherer Arbeitsbeginn).
Ab + 35 Grad Celsius ist ein Arbeitsraum gemäß ASR A3-5 4.4 nicht mehr als Arbeitsstätte geeignet. Der Arbeitgeber muss seinen Angestellten zwar kein Hitzefrei von der Arbeit einräumen; organisatorische sowie technische Hitzeschutzmaßnahmen wie etwa Entwärmungsphasen, Luftduschen oder Hitzeschutzkleidung sind Pflicht.
Die Vorgaben der ASR haben lediglich Empfehlungscharakter; sie basieren auf aktuellen arbeitswissenschaftlichen Befunde, die den Arbeitsschutz im Sinne der ArbStättV ergänzen. Das heißt, sie sind nicht unmittelbare rechtverbindlich und gewähren Arbeitgebern eine gewissen Gestaltungsspielraum.
Gut zu wissen: Dennoch orientieren sich Behören und Gerichte an den ASR. Missachten Arbeitgeber deren Vorgaben, wird dies eventuell als Verletzung des Arbeitsschutz gewertet und gemäß § 25 ArbSchG mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro geahndet (so bspw. die Entscheidung OLG Düsseldorf, Urteil v. 27.10.2020, 21 U 57/17; BGH, Beschluss v. 15.9.2021, VII ZR 178/20).
Grafik: Ab wie viel Grad muss man nicht mehr arbeiten?
Nachfolgen bietet unsere Grafik eine Zusammenfassung der geltenden Grenzwerte der ASR und der in diesem Zusammenhang empfohlenen Hitzseschutzmaßnahmen:
Ist Hitzefrei von der Arbeit bei Homeoffice möglich?
Auch Angestellte, die im Homeoffice tätig sind, haben kein generelles Anrecht auf Hitzefrei von der Arbeit. Ob aber der Arbeitgeber oder der Angestellte selbst für die Umsetzung der Hitzeschutzmaßnahmen verantwortlich ist, unterscheidet sich je nachdem, ob ein Mitarbeiter sich in Telearbeit befindet oder mobil arbeitet.
Im Fall von Telearbeit wird der Arbeitsplatz vom Arbeitgeber bereitgestellt, somit gelten die arbeitsstättenrechtlichen Bestimmungen. Folglich ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, gesundheitstaugliche Temperaturen an der Arbeitsstätte zu garantieren.
Angestellte, die mobil arbeiten, können ihren Arbeitsplatz frei wählen. Aus diesem Grund müssen Sie selbst dafür Sorge tragen, dass die Temperaturen am Arbeitsort erträglich bleiben.
Gut zu wissen: Viele Arbeitgeber bieten Ihren mobil arbeitenden Mitarbeitern aus diesem Grund zwar kein Hitzefrei von der Arbeit an, stellen diesen bei Hitze aber klimatisiere Arbeitsplätze im Unternehmen zur Verfügung.