Unzureichendes Einkommen: Wenn die Aufstockung durch Bürgergeld notwendig ist
Laut Angaben des Statistischen Bundesamt (Destatis) mussten seit der Ablösung des Arbeitslosengeldes II (Harz IV) durch das Bürgergeld etwa 790.000 Erwerbstätige neben eine zusätzliche Leistung nach dem zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) beziehen, und ihren Lebensunterhalt durch eine sogenannte Bürgergeld-Aufstockung zu sichern.
Wie eine Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2021 zudem feststellte, zählen zu den Bürgergeld-Aufstockern insbesondere Alleinerziehende sowie Erwerbstätige im Niedriglohnsektor und geringfügig Beschäftigte (Mini-Jobber).
Dieser Ratgeber erläutert, unter welchen Voraussetzungen Erwerbstätige eine Aufstockung des Einkommens durch Bürgergeld beantragen können, und wie hoch die Aufstockung angesichts der Höhe von Einkommen und Bedarf einer Person bzw. einer Bedarfsgemeinschaft ausfallen kann.
Inhalt
Kompaktwissen: Bürgergeld-Aufstockung
Was bedeutet das Bürgergeld für Aufstocker?
Personen, deren Einkommen unter dem gesetzlichen Existenzminimum liegt, können eine zusätzliche finanzielle Hilfe erhalten und ihre Einnahmen mit
Bürgergeld aufstocken bzw. ergänzen. Diese Personengruppe wird auch als Bürgergeld-Aufstocker bezeichnet.
Alle erwerbstätigen und bedürftigen Personen (Angestellte, Selbständige, Freiberufler etc.) sowie Menschen, die Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld I (ALG I) oder Krankengeld beziehen, dürfen ihre Einnahmen mit Bürgergeld ergänzen. Voraussetzung ist hierfür, dass die Antragssteller mindestens 15 Jahre alt sind, das Renteneintrittsalter noch nicht erreicht haben und ihren Hauptwohnsitz in der Bunderepublik Deutschland haben.
Nein, Altersrentner können ihre Rente nicht aufstocken, indem Sie Bürgergeld beantragen. Weitere Informationen diesbezüglich erhalten Sie hier.
Wie hoch die mögliche Bürgergeld-Aufstockung ausfällt, hängt vom Einkommen, dem bestehenden Vermögen sowie dem Bedarf (Bürgergeld-Regelsatz + Miet- und Heizungkosten) ab. Daneben gibt es spezielle Freibeträge, die sich nach der Einkommenshöhe staffeln. Wie viel Bürgergeld Sie als Aufstocker erhalten, können Sie mit dem Bürgergeld-Rechner prüfen. Eine Tabelle mit allen Freibeträgen, finden Sie hier.
Bürgergeld-Rechner für die Aufstockung
Bürgergeld für Aufstocker: Wer kann sein Einkommen ergänzen?
Alle erwerbstätigen und bedürftigen Personen, die mindestens 15 Jahre alt sind und ihren Hauptwohnsitz in Deutschland haben, können eine Bürgergeld-Aufstockung beantragen, wenn ihre Einkünfte unter dem Existenzminimum liegen. Es spielt hierbei keine Rolle, ob das Einkommen aus einem Arbeitsverhältnis oder aus einer selbstständigen Tätigkeit herrührt.
Darüber hinaus können Sie auch folgende Sozialleistungen bzw. vorrangige Leistungen mit Bürgergeld aufstocken, solange diese nicht ausreichen, um Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Zu den vorrangigen Leistungen gehören beispielsweise
- Arbeitslosgengeld I
- Kindergeld, Kinderzuschlag, Unterhalt/ Unterhaltsvorschuss des Jugendamts
- Leistungen der Krankenkassen: Krankengeld,
- Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherungen: Verletztengeld,
- Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung: Übergangsgeld bei medizinischer Rehabilitation, Teilerwerbsminderungsrente
Können Sie mit Bürgergeld Ihre Rente aufstocken?
Personen, die Altersrente beziehen, können ihre Rente nicht durch eine Bürgergeld-Aufstockung ergänzen, weil diese gemäß § 7 SGB II ausschließlich für Erwerbsfähige vorgesehen ist. Altersrentnerinnen und Altersrentner zählen in diesem Sinne nicht mehr zur Gruppe der erwerbsfähigen Personen.
Gleiches gilt auch für Menschen, die aufgrund einer Krankheit oder einer Behinderung voll erwerbsgemindert sind und deshalb Erwerbsminderungsrente beziehen. Allerdings haben Personen, deren Alters- oder Erwerbsminderungsrente unter dem Existenzminimum liegt, Anspruch auf sogenannte Grundsicherung.
Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung steht allen bedürftigen Menschen zu, die in der Bundesrepublik Deutschland wohnen und entweder die Regelaltersgrenze erreicht haben, oder dauerhaft voll erwerbsgemindert und mindestens 18 Jahre als sind.
Die Höhe der Grundsicherung richtet sich – wie die Bürgergeld-Aufstockung- nach der Einkommens- und Bedarfshöhe einer Person. Allerdings gelten für die Grundsicherung geringere Freibeträge als für Aufstocker, die Bürgergeld erhalten. Daher ist es möglich, dass Bedürftige zunächst bestehendes Vermögen aufbrauchen müssen, bevor Sie einen Anrecht auf Grundsicherung haben.
In der Regel gilt: Bedürfte, deren Einkommen in Monat bei unter 924 Euro liegt, können bei der Deutschen Rentenversicherung prüfen, ob ein Anspruch auf Grundsicherung besteht. Wechseln Sie zudem von der Bürgergeld-Aufstockung in die Grundsicherung, sollten ihnen genauso viel Geld ausgezahlt werden wie bei der vorhergehenden Einkommensaufstockung.
Wie hoch kann das Bürgergeld für Aufstocker ausfallen?
Die Höhe der möglichen Bürgergeld-Aufstockung ist vom Einkommen, dem bestehenden Vermögen und dem Bedarf einer Person bzw. ihrer Bedarfsgemeinschaft abhängig. Der Bedarf bezeichnet den Betrag, der Bedürftigen (und ihrer Familie) zur Bestreitung des Lebensunterhalts zusteht; er umfasst den jeweils geltenden Bürgergeld-Regelsatz und die Kosten für Unterkunft und Heizung.
Das Jobcenter zieht das Einkommen vom Bedarf ab; der verbleibende Betrag ist die Aufstockung durch Bürgergeld, die Ihnen ausgezahlt wird. Bei der Festsetzung der Aufstockungshöhe bleibt ein Teil des Einkommens unberücksichtigt, nämlich der sogenannte Absetzungs- oder Freibetrag.
Beispiel für die Berechnung der Bürgergeld-Aufstockung
Der Bürgergeld-Regelsatz für eine alleinstehende Person beträgt seit dem 1. Januar 2024 563 Euro. Zahlt die Person 410 Euro für Unterkunft und Heizung, ergibt sich ein Gesamtbedarf von 973 Euro:
Regelbedarf (alleinstehende Person) | 563,00 € |
Kosten für Unterkunft und Heizung | 410,00 € |
Gesamtbedarf | 973,00 € |
Bei einem monatlichen Einkommen von 650 Euro brutto, von dem 553,50 Euro netto beträgt der Freibetrag 223 Euro. Damit liegt das für die Bürgergeld-Aufstockung zu berücksichtigende Einkommen bei 330,50 Euro:
Einkommen (netto) | 553,50 € |
Freibetrag | – 223,00 € |
Zu berücksichtigendes Einkommen | 330,50 € |
Angesichts der bestehenden Gesamtbedarfs von 973 Euro und einem zu berücksichtigenden Einkommen von 330,50 Euro ergibt sich eine Bürgergeld-Aufstockung in Höhe von 642,5 Euro und dadurch ein Gesamteinkommen von 1.196 Euro
Gesamtbedarf | 973,00€ |
zu berücksichtigendes Einkommen | – 330,50 € |
Bürgergeld-Aufstockung | 642,50 € |
Einkommen (brutto) | + 553,50 € |
Gesamteinkommen | 1.196,00 € |
Beachten Sie! Diese Beispielrechnung ersetzt keine eigenständige Ermittlung der Bürgergeld-Aufstockung durch das für Sie zuständige Jobcenter, sondern soll ausschließlich einer ersten Orientierung dienen. Eine rechtverbindliche Berechnung kann alleinig vom zuständigen Jobcenter vorgenommen werden.
Tabelle: Geltende Freibeträge bei der Bürgergeld-Aufstockung
Die Höhe des Freibetrags richtet sich – unter anderem – nach dem monatlichen Bruttoeinkommen und den Beiträgen zur Sozialversicherung. Nachfolgend finden Sie eine Auflistung der geltenden Freibeträge nach Einkommenshöhe:
Einkommen (brutto) | Freibetrag |
---|---|
Bis 100 Euro | 100 % |
über 100 bis 520 Euro | 20 % |
über 520 bis 1.000 Euro | 30 % |
über 1.000 bis 1.200 Euro | 10 % |
bis 1.500 (bei minderjährigem Kind in Bedarfsgemeinschaft) | 10 % |
Außerdem können Bürgergeld-Aufstocker den Freibetrags-Rechner der Servicestelle des SGB II vom Bundeministerium für Arbeit und Soziales nutzen, um die für Sie geltenden Freibeträge auszurechnen.