Was ist bzw. für wen gilt besonderer Kündigungsschutz eigentlich? Im Grunde ist dieser als eine Art zusätzliche Absicherung für bestimmte Personengruppen zu verstehen, die über den allgemeingültigen Grundkündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes (KschG) für alle Arbeitnehmer hinausgeht.
Welche gesetzlichen Regelungen es dazu im Detail gibt und um was für Gruppen von Arbeitnehmern es sich jeweils handelt, können Sie in den nachfolgenden Textabschnitten einmal genauer nachlesen.
Inhalt
Kompaktwissen: Besonderer Kündigungsschutz
Der besondere Kündigungsschutz ist ein zusätzlicher Schutzmechanismus, der über den allgemeinen Kündigungsschutz hinausgeht. Während letzterer grundsätzlich nur in Betrieben mit mehr als 10 Arbeitnehmern greift, gilt ein besonderer Kündigungsschutz laut dem Gesetz zwar immer, aber nur für spezielle Personengruppen. Mehr dazu hier.
Im Gegensatz zum allgemeinen Schutz vor einer Kündigung, den § 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) definiert, ist der Kündigungsschutz für besondere Personengruppen nicht nur in einem Gesetz geregelt. Je nachdem, um welche Gruppe es sich handelt, findet also der dazugehörige Gesetzestext in Kombination mit dem KSchG Anwendung (bspw. das Mutterschutzgesetz (MuSchG) für Schwangere oder das Berufsbildungsgesetz (BBiG) für Auszubildende)).
Egal ob Sie in einem großen Unternehmen oder einem Kleinbetrieb (d. h. einem Betrieb mit weniger als 10 Mitarbeitern) angestellt sind – Sie haben immer einen Anspruch darauf, solange Sie zu mindestens einer der Personengruppen zählen, denen besonderer Kündigungsschutz zusteht. Dazu gehören z. B. Arbeitnehmer in Elternzeit oder Schwangere. Mehr zu den einzelnen Gruppen finden Sie in diesem Abschnitt.
Rechtsgrundlagen – Was bedeutet besonderer Kündigungsschutz?
Der besondere Kündigungsschutz ist eine arbeitsrechtliche Regelung für bestimmte Personengruppen. Er zielt grundsätzlich darauf ab, sozial besonders schutzbedürftige Arbeitnehmer vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes zu bewahren, indem höhere Hürden für die Kündigung seitens des Arbeitgebers gesetzt werden. Allgemeiner und besonderer Kündigungsschutz unterscheiden sich allerdings nicht nur in deren Anwendungsbereichen.
Im Folgenden wird besonderer Kündigungsschutz anhand einer Übersicht einmal mit seinem allgemeinen Pendant gegenübergestellt, um Ihnen die wichtigsten Unterschiede zu veranschaulichen:
allgemeiner Kündigungsschutz:
- Gilt für alle Arbeitnehmer, die gemäß § 1 des KSchG länger als 6 Monate in einem Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern arbeiten.
- Schließt eine ordentliche Kündigung nicht aus, aber setzt voraus, dass sie sozial gerechtfertigt (d. h. betriebs-, personen- oder verhaltensbedingt) sein muss.
- Ist während des gesamten Arbeitsverhältnisses gültig und endet mit der Beendigung der Betriebszugehörigkeit ohne jegliche Nachwirkungszeit.
Sonderkündigungsschutz:
- Gilt für einzelne, schutzbedürftige Personengruppen in Unternehmen mit oder weniger als 10 Mitarbeitern (d. h. auch in Kleinbetrieben).
- Schließt ordentliche Kündigungen grundsätzlich aus.
- Ist zeitlich begrenzt gültig und entfällt immer dann, sobald die Kriterien auf einen Arbeitnehmer nicht mehr zutreffen (eine Nachwirkungszeit kann allerdings je nach Personengruppe möglich sein, bspw. bei Schwangeren bis zu 4 Monate nach der Entbindung).
Die wichtigsten Personengruppen mit besonderem Kündigungsschutz
Welche Arbeitnehmer haben nun aber einen besonderen Kündigungsschutz? Und gibt es auch Personengruppen, denen kein besonderer Kündigungsschutz zusteht? Um ein Anrecht auf besondere Absicherung gegen Kündigungen zu haben, die über die allgemeine hinausgeht, müssen Sie grundsätzlich einer dieser Gruppen angehören:
- Schwangere, Elternzeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen in Mutterschutz
- alle Arbeitnehmer mit einer Schwerbehinderung
- alle Pflegezeitnehmer, die sich um einen nahen Angehörigen kümmern
- etwaige Schutzbeauftragte und Arbeitnehmervertreter (bspw. die Mitglieder des Betriebsrats)
- Auszubildende
- alle, die Wehr- oder Freiwilligendienst leisten
- Tarifbeschäftigte, für die besonderer Kündigungsschutz gemäß des TVöD (Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst) gilt, sobald sie mindestens 40 Jahre alt und 15 Jahre beim gleichen Arbeitgeber tätig sind
Wichtig: Personen mit besonderem Kündigungsschutz können diesen allerdings auch wieder verlieren. Das passiert entweder, wenn sie nicht länger einer der oben genannten schutzbedürftigen Gruppen angehören (bspw. wenn die Elternzeit endet) oder falls sie gegen bestimmte Vorgaben verstoßen. Dazu zählen z. B. grobe Pflichtverletzungen und Fehlverhalten wie Diebstahl, Arbeitsverweigerung oder körperliche Gewalt gegenüber anderen Kollegen. In diesen Fällen ist dann eine verhaltensbedingte Kündigung zulässig, weil kein besonderer Kündigungsschutz mehr greift. Bei der Unterzeichnung eines einvernehmlichen Aufhebungsvertrags entfällt der Schutz allerdings auch.
Besonderer Kündigungsschutz zur Schwangerschaft und Elternzeit
Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) schützt Schwangere und Mütter bis zu 4 Monate nach der Entbindung gemäß § 17 Abs. 1 vor Kündigungen. Während dieser Zeit ist eine Kündigung also grundsätzlich unzulässig, es sei denn, die zuständige Behörde genehmigt eine Ausnahme aufgrund schwerwiegender betrieblicher Gründe. Auch bei einer Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche bleibt besonderer Kündigungsschutz, der für Schwangere gedacht ist, weiterhin bis zum Auslaufen der 4-monatigen Frist bestehen.
Elternzeitnehmer können nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) ebenfalls vom Sonderkündigungsschutz profitieren. Wann besonderer Kündigungsschutz während der Elternzeit beginnt, ist an das Kindesalter gebunden.
Hierbei gibt es folgende Möglichkeiten:
- Bis zum 3. Lebensjahr setzt der Schutz ab 8 Wochen vor der Auszeit ein (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 des BEEG).
- Zwischen dem 3. und 8. Lebensjahr beginnt dieser hingegen höchstens 14 Wochen vorher (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 des BEEG). Teilen Sie sich die Elternzeit in mehreren Perioden auf, sind Sie dann auch nur während dieser jeweiligen Zeiträume abgesichert.
Inwiefern gilt besonderer Kündigungsschutz für Schwerbehinderte?
Gemäß §§ 168 ff. des neunten Sozialgesetzbuchs (SGB IX) genießen schwerbehinderte Menschen ebenfalls Sonderkündigungsschutz. Dazu zählen grundsätzlich all die Personen, die nach § 2 Abs. 2 des SGB IX einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 % oder mehr haben. Eine Kündigung ist deswegen nur mit Zustimmung des Integrationsamtes möglich. Dies gilt sowohl für ordentliche als auch außerordentliche Kündigungen. In Fällen von grobem Fehlverhalten (Diebstahl, wiederholten verbalen oder gewalttätigen Konflikten etc.), kann besonderer Kündigungsschutz für Behinderte allerdings entfallen.
In folgenden Fällen ist dies ebenfalls der Fall:
- Schwerbehinderte Arbeitnehmer verlieren ihren Sonderkündigungsschutz, falls sie ihren Arbeitgeber nicht innerhalb von 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung über ihre Behinderung in Kenntnis setzen. So entschied bspw. das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in einem entsprechenden Urteil (1 Sa 403 e/09) aus dem Jahr 2010.
- Gleiches gilt laut einer Entscheidung (6 AZR 553/10) des Bundesarbeitsgerichts (BAG) für den Fall, dass Schwerbehinderte dem Arbeitgeber auf Nachfrage keine wahrheitsgemäße Auskunft über ihren Behinderungsstatus geben.
Wichtig: Menschen mit einem Behinderungsgrad von 30 bis 50 % können einen Gleichstellungsantrag stellen, um kündigungsschutzrechtlich wie Schwerbehinderte behandelt zu werden und wie sie besonders abgesichert zu sein. Jeglicher besonderer Kündigungsschutz aufgrund einer schweren Behinderung beginnt allerdings erst zu wirken, nachdem derjenige seit 6 Monaten angestellt ist (d. h. seine mitunter vorgesehene Probezeit überstanden hat). Im vorhergehenden halben Jahr bleiben Kündigungen durch den Arbeitgeber also zulässig.
Ist besonderer Kündigungsschutz im Alter ab 50 oder 55 Jahren zulässig?
Nein, grundsätzlich ist für ältere Arbeitnehmer (in der Regel ab 55 Jahren) nicht explizit ein besonderer Kündigungsschutz vorgesehen. Ein Paragraph dazu lässt sich weder im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) noch in einem anderen Gesetzestext finden.
Allerdings gibt es Tarifverträge, die für das jeweilige Unternehmen individuelle Kündigungsschutzregelungen treffen und an das Arbeitnehmeralter gebunden sind – bspw. die von Verdi, IG BCE oder IG Metall. Laut letzterem zählen z. B. alle älteren Arbeitnehmer ab 53 Jahren als unkündbar (d. h. sie dürfen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr durch eine ordentliche Kündigung vom Arbeitgeber entlassen werden). Unabhängig von den allgemeinen Gesetzesvorschriften gilt für sie in dem Fall also doch ein besonderer Kündigungsschutz.
Wichtig: Bei betriebsbedingten Kündigungen ist der Arbeitgeber gemäß des KSchG dazu verpflichtet, eine sogenannte „Sozialauswahl“ vorzunehmen. Dies bedeutet, dass er bestimmte Kriterien wie die Länge der Betriebszugehörigkeit oder eine etwaige Schwerbehinderung berücksichtigen muss, wenn er auswählt, welche Arbeitnehmer gekündigt werden. Dazu zählt auch das Alter. Ältere Mitarbeiter haben also mitunter größere Chancen, vor einer Kündigung verschont zu bleiben, weil sie in der Regel schwerer einen neuen Job finden können als jüngere Arbeitnehmer.
Wem steht sonst noch besonderer Kündigungsschutz zu?
Auch für Auszubildende oder den Betriebsrat ist z. B. in der Regel ein besonderer Kündigungsschutz gesetzlich vorgeschrieben. Betriebsratsmitgliedern steht er bspw. gemäß § 15 des KSchG und § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) während ihrer gesamten Amtszeit zu, damit sie die Interessen der Arbeitnehmer eines Unternehmens vertreten können, ohne Bedenken haben zu müssen, dass mit einer Kündigung gedroht wird.
Ordentlich kündbar ist der Betriebsrat dann nur im Falle einer Betriebsschließung. Eine außerordentliche Kündigung kann der Arbeitgeber lediglich aussprechen, wenn ein Betriebsratsmitglied schwerwiegende Pflichtverletzungen begeht.
Ein besonderer Kündigungsschutz für Auszubildende ist wiederum in § 20 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) geregelt. Sobald diese ihre Probezeit (mit einer durchschnittlichen Dauer von 1 bis 4 Monaten) erfolgreich abschließen, muss der Arbeitgeber immer wichtige Gründe vorlegen, die eine Kündigung rechtfertigen. Sind ihm die Gründe allerdings länger als 2 Wochen bekannt, bevor er dem Auszubildenden kündigt, gilt die Entlassung grundsätzlich als unzulässig (§ 22 Abs. 4 des BBiG).
Wichtig: Auch Arbeitnehmern in Pflegezeit oder Wehr- und Freiwilligendienstleistenden steht besonderer Kündigungsschutz zu. Für erstere dient § 5 Abs. 1 des Pflegezeitgesetzes (PflegeZG) als rechtliche Basis und sichert sie ab 12 Wochen, bevor sie verhindert sind, und bis zum Ende der Pflegezeit ab. Letztere sind hingegen durch § 2 Abs. 1 des Arbeitsplatzschutzgesetzes (ArbPlSchG) bzw. § 78 Abs. 1 Nr. 1 des Zivildienstgesetzes (ZDG) während der gesamten Dienstzeit geschützt. In allen Fällen bezieht sich der Kündigungsschutz allerdings nur auf ordentliche Kündigungen.