Niemand sehnt sich die Situation herbei, aber sie ist doch teilweise unvermeidbar: Es stellt sich heraus, dass die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht so verläuft wie gewünscht. Verschiedene Gründe können dazu führen, dass ein bestehendes Arbeitsverhältnis beendet wird.
Unabhängig davon, ob ein Aufhebungsvertrag unterzeichnet oder eine Kündigung ausgesprochen wird, stellt sich oft die Frage: Wie ist die Höhe der Abfindung definiert, die mir zusteht? Der folgende Ratgeber liefert eine detaillierte Antwort. Darin erfahren Sie, wann Anspruch auf eine Abfindung besteht, wie sich die Abfindungshöhe berechnen lässt und welche Faktoren die auszuzahlende Summe noch beeinflussen können.
Inhalt
Kompaktwissen: Höhe der Abfindung
Nein, es gibt nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber keinen generellen Anspruch auf eine Abfindung. Manchmal zahlen Arbeitgeber freiwillig eine Abfindung, z. B. um eine Klage vor dem Arbeitsgericht zu vermeiden.
Kündigt ein Arbeitgeber seinem Mitarbeiter betriebsbedingt, so kann dieser eine Abfindung verlangen, wenn er auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet. Die Höhe der Abfindung ist hier gesetzlich vorgeschrieben. Sie beträgt laut § 1a KSchG ein halbes Monatsgehalt für jedes Beschäftigungsjahr.
Normalerweise ist eine Abfindung in der Höhe eines halben bis eines ganzen Brutto-Gehalts üblich. Nutzen Sie den Abfindungsrechner, um Ihre Abfindung zu ermitteln.
Nutzen Sie den kostenlosen Abfindungsrechner!
Vor der Abfindungshöhe zu klären: Besteht überhaupt Anspruch?
Bevor darüber nachgedacht wird, ob Abfindungen in bestimmter Höhe zu zahlen sind, sollte geklärt sein, ob überhaupt ein Anspruch vorliegt. Denn eine lange Betriebszugehörigkeit sorgt noch lange nicht dafür, dass Beschäftigte bei einer Entlassung finanziell entschädigt werden müssen. Entscheidend ist hier mitunter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG).
In einigen Fällen kann jedoch auch ein Abfindungsanspruch entstehen, wenn gekündigte Beschäftigte innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage einreichen. Stellt das zuständige Gericht dann fest, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sozial ungerecht und dadurch unwirksam ist, kann es den Arbeitgeber zur Abfindungszahlung verurteilen. Dabei muss nach § 9 KSchG jedoch auch der Umstand vorliegen, dass eine Fortsetzung der Arbeit im Unternehmen unzumutbar ist. Weiterhin ist zu beachten:
- Abfindungsansprüche liegen auch dann vor, wenn eine Kündigung wegen Betriebsänderungen erfolgt und dadurch wirtschaftliche Nachteile bestehen; beispielsweise wenn eine Abteilung stillgelegt wird.
- Auch ein Sozialplan bzw. ein Tarifvertrag kann Ansprüche dieser Art garantieren, an die sich die Vertragspartner halten müssen.
- Spricht der Gesetzgeber Ihnen durch die Vorgaben im KSchG einen Vergütungsanspruch zu, Ihr Vorgesetzter weigert sich jedoch zu zahlen, sollten Sie sich an einen Anwalt für Arbeitsrecht wenden. Dieser kann bestehende Ansprüche vor einem Arbeitsgericht durchsetzen.
Freiwillige Abfindungszahlungen
Die Abfindungshöhe kann auch dann eine Rolle spielen, wenn kein gesetzlicher Anspruch vorliegt. Denn einige Arbeitgeber zeigen sich bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen auf den ersten Blick kulant und zahlen Abfindungen, obwohl sie dazu gar nicht verpflichtet sind.
Einer „freiwilligen“ Abfindung, dessen Höhe oft individuell ausgehandelt wird, wird in der Regel zugestimmt, wenn Befürchtungen auf Arbeitgeberseite bestehen, dass eine Kündigung vor Gericht möglicherweise kein Bestand haben könnte. Würde diese unerwünschte Situation eintreten, hätte dies nämlich ungewollte Lohnkosten zur Folge. Eine Abfindung in angemessener Höhe wird dann als kleineres Übel angesehen.
Daher eröffnet sich auch der Blickwinkel, dass eine Abfindung, wie hoch sie auch ausfällt, in solchen Fällen eine Art Handel darstellt. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer sozusagen den rechtlichen Bestandschutz seines Arbeitsverhältnisses gegen die Abfindungszahlung eintauscht. Für den Arbeitgeber stellt dieses Tauschgeschäft folglich eine schnelle und kostengünstige Beendigung des Arbeitsverhältnisses da, die zudem rechtssicher ist.
Ohne gesetzlichen Anspruch können sich also nur bestimmte Beschäftigte beim erzwungenen Abgang auf eine Entschädigungszahlung freuen. Denn ist eine Kündigung aus rechtlicher Sicht nicht wirklich anfechtbar, wie es zum Beispiel innerhalb der Probezeit oft der Fall ist, kommen Abfindungen bzw. eine Abfindungshöhe erst gar nicht zur Sprache.
Die Höhe der Abfindung berechnen
Besteht ein Abfindungsanspruch, wird die Höhe durch die Vorgaben in § 10 KSchG und durch arbeitsrechtliche Rechtsprechung bestimmt. Daraus haben sich Vorgaben ergeben, an denen sich Unternehmer grundsätzlich orientieren müssen. So ist durch den Gesetzgeber die Abfindungshöhe bei betriebsbedingter Kündigung klar definiert, wenn der betroffene Beschäftigte auf eine Klage verzichtet:
- In einer solchen Situation steht ihm pro Beschäftigungsjahr im Unternehmen ein halber Monatslohn zu.
- Die Höhe der Abfindung bei einer Kündigung, die sozial ungerechtfertigt ist, legt jedoch das zuständige Gericht fest.
- In jedem Fall spielen das Alter eines Arbeitnehmers und die Dauer der Betriebszugehörigkeit eine entscheidende Rolle für die Abfindungshöhe. Zwischen 12 und 18 Monatslöhne können dabei im Einzelfall durchaus zusammenkommen.
- Maßgeblich bei der Berechnung ist auch die Höhe des letzten Bruttomonatsgehalts. Dieses wird in der Rechnung herangezogen. Es ist also nicht von Bedeutung, wie das niedrigere Gehalt von vor vielen Jahren ausgesehen hat.
Nicht selten werden bei einer Kündigung die Abfindung und ihre Höhe aber individuell verhandelt. Das kommt vor allem in den obig genannten Fällen vor, in denen kein gesetzlicher Zwang besteht, Arbeitgeber sich jedoch rechtlich absichern wollen. Es zeigt sich also: Wer seine eigene Abfindung berechnen möchte, muss je nach Einzelfall unterschiedliche Faktoren beachten.
In den gängigsten Fällen muss jedoch einfach nur die Anzahl der Beschäftigungsjahre mit einem halben Monatsgehalt – dem letzthöchsten – multipliziert werden. Als Beispiel sei ein Mitarbeiter genannt, welcher fünf Jahre in einem Unternehmen angestellt war und dessen letztes Gehalt 2500 Euro betragen hat. Die Abfindungshöhe beträgt in diesem Fall 6.250 Euro (5 x 1250). Arbeitsgerichte können je nach Bundesland jedoch eigene Maßstäbe ansetzen. So sind die Richter in Hessen auch am Alter des jeweiligen Arbeitnehmers interessiert. Daraus ergibt sich dort:
- Bis zu einem Alter von 39 Jahren sind pro Beschäftigungsjahr 0,5 Bruttomonatsgehälter bei der Berechnung heranzuziehen.
- Ab 40 Jahren sind 0,75 Bruttomonatsgehälter zu beachten und ab 50 Jahren sogar vollständige monatliche Gehaltszahlungen.
- Daraus kann sich eine komplexe Rechnung ergeben, wenn ein Beschäftigter in jungen Jahren in einem Unternehmen beginnt und seine Kündigung erst dreißig Jahre später erfolgt. Dann müssen für die einzelnen „Abschnitte“ mit den festgelegten Gehaltsfaktoren Zwischensummen ausgerechnet und anschließend addiert werden.
Solche Berechnungsformeln stellen jedoch eher Richtlinien da und sind nicht absolut bindend. Höhere oder niedrige Abfindungen sind also oft möglich. Im Zweifelsfall muss ein Gericht darüber entscheidend, ob eine Entschädigungszahlung angemessen ist. Und dann wird auf Richtlinien der vergangenen Rechtsprechung zurückgegriffen.
Es zeigt sich, dass die Berechnung der Abfindungshöhe trotz existenter Formeln und Richtlinien gerade für Laien nicht immer ganz überschaubar ist. Es sollte in jedem Fall darauf geachtet werden, dass es sich Unternehmer nicht zu leicht machen und ehemalige Angestellte mit zu niedrigen Abfindungszahlungen „abfertigen“. Haben Betroffene Zweifel, sollten sie sich stets an einen Anwalt für Arbeitsrecht wenden. Dieser kann beurteilen, ob die jeweilige Abfindungshöhe angemessen ist.
Wie hoch darf eine Abfindung sein, bevor sie zu hoch ausfällt?
Tatsächlich kann es auch unter Nutzung anerkannter Formeln dazu kommen, dass eine Abfindungshöhe zu drastisch ausfällt. Das ist dann der Fall, wenn der wirtschaftliche Schaden infolge einer nicht gültigen Kündigung sehr viel geringer ausfällt als eine Regelabfindung und der Erfolg einer Kündigungsschutzklage unsicher ist. In diesem Fall ist es allgemeinhin akzeptiert, dass die Abfindungshöhe unter dem Regelwert definiert wird.
Im Einzelfall sind dabei jedoch verschiedene Dinge zu bedenken:
- Nicht immer trägt der Arbeitgeber durch eine Kündigung ein sogenanntes Verzugslohnrisiko (dieser Begriff bezieht sich auf den Lohn, der zu zahlen ist, wenn der Arbeitgeber Minusstunden selbst zu verschulden hat).
- Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Arbeitnehmer durch lange Krankenzeiten Krankengeld bezieht.
- Auch zu beachten sind die Kündigungsfristen bei langer Betriebszugehörigkeit. Kündigungsschutzklagen können durchaus schon innerhalb von sechs Monaten entschieden sein, was bei langer Zugehörigkeit zum Unternehmen noch vor dem Beschäftigungsende des Entlassenen stattfindet.
So kommt es immer wieder vor, dass Regelabfindungen, die von 0,5 bis 1,0 Geschäftsgehältern ausgehen, zu unangemessen hohen Summen führen. Betroffene Beschäftigte sollten folglich damit rechnen, dass sich ein Unternehmer gegen die angesetzte Abfindungshöhe wehrt, wenn eine sehr lange Betriebszugehörigkeit vorliegt, der Erfolg einer Kündigungsschutzklage zweifelhaft ist oder es bei längerer Krankheit zum Bezug von Krankengeld kommt.
Die Abfindungshöhe beim Aufhebungsvertrag
Bei der Nutzung eines Aufhebungsvertrags handelt es sich um eine besondere Art und Weise, ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Diese Handlungsoption unterscheidet sich in einigen Punkten von der einer Kündigung. Das vielleicht gravierendste Merkmal dabei: Das Arbeitsverhältnis wird im beidseitigen Einverständnis aufgelöst, wenn ein Aufhebungsvertrag unterschrieben wird. Dazu kommen einige Vorteile, von denen beide Seiten profitieren können:
- Bei einer ordnungsgemäßen Kündigung sind Fristen einzuhalten. Ein Aufhebungsvertrag ermöglicht es, diese Fristen einfach zu umgehen. So können auch langjährige Mitarbeiter zügig von ihren alten Pflichten entbunden werden.
- Eine Kündigung ist für Unternehmer oft mit nicht unbedeutenden Kosten verbunden. Entsprechend stellt ein Aufhebungsvertrag, auch wenn er eine Abfindung enthält, oft eine kostengünstigere Alternative dar.
- Beschäftigte, die nicht die gewöhnlichen Kündigungsfristen einhalten müssen, erhalten die Gelegenheit, schneller einen Job in einem anderen Unternehmen anzunehmen. Gerade wenn bereits ein neuer Arbeitsvertrag unterschrieben wurde, bietet sich ein Auflösungsvertrag im bisherigen Job an.
Das Einverständnis des Arbeitnehmers wird gerne mit Abfindungen „erkauft“, die vertraglich zugesichert werden. Aus diesem Grund werden Aufhebungsverträge nicht selten auch als goldene Handschläge bezeichnet. Arbeitgeber, welche diesen durchsetzen können, ersparen sich in nahezu jedem Fall einen langen Arbeitsgerichtsprozess. Hier sollten Beschäftigte jedoch in Bezug auf die Abfindungshöhe einiges beachten.
Werden Sie nämlich angehalten, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, finden Sie sich in einer Verhandlungsposition wieder, in der Sie durchaus mitbestimmen können, wie hoch die Abfindung ausfällt. Dabei gibt es natürlich Grenzen. Wie bereits erwähnt, muss ein Chef einer Regelabfindung unter bestimmten Umständen nicht zustimmen, wenn der wirtschaftliche Schaden für das Unternehmen zu hoch ausfällt.
Wer einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, sollte zudem darauf achten, dass Verträge dieser Art in bestimmten Fällen eine Arbeitslosengeldsperre auslösen können.
Bestimmte Gründe, wie ein Auflösungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen, dürfen jedoch oft keine solche Sperre mehr nach sich ziehen. Im Zweifelsfall ist ein Anwalt für Arbeitsrecht auch hier der richtige Ansprechpartner.
Weitere Faktoren mit Bezug auf die Abfindungshöhe
Im Zuge von Abfindungszahlungen kommt Arbeitgebern nicht selten der Gedanke, den betroffenen Arbeitnehmern bestimmte Zahlungsansprüche nicht zu gewähren. Dazu gehören beispielsweise:
- Einmalzahlungen, beispielsweise in Form von Weihnachtsgeld oder bestimmten Prämien
- Überstundenvergütung, auf die viele Beschäftigte erst nach einer Kündigung bestehen, worauf Unternehmer dessen Existenz abstreiten
- Urlaubsentgelt, dessen Zahlung verweigert wird, weil die Freistellung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Urlaub angesehen wird
- Kündigungsfristen, welche vom Vorgesetzten willkürlich gekürzt werden, um für weniger Tage Gehalt zahlen zu müssen
Gerade in Bezug auf Kündigungsfristen sollten Mitarbeiter darauf bestehen, dass diese ordnungsgemäß eingehalten werden. Andernfalls kann selbst eine Kündigung eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zur Folge haben. Wollen entlassene Mitarbeiter auch gegen andere Einsparungen vorgehen, sollten sie sich darüber bewusst sein, ob diese rechtlich unumstritten sind. Hier ist es abermals sinnvoll, einen Anwalt für Arbeitsrecht um Rat zu bitten.
Bekommt man eine Abfindung, wenn man selbst kündigt?