Es kann schnell passieren: Stau auf der Stadtautobahn, eine ausgefallene Bahn, ein defekter Wecker und schon kommen Sie zu spät zur Arbeit. In einem solchen Fall kann es sein, dass Sie von Ihrem Chef eine Abmahnung erhalten. Doch was genau bedeutet das? Wann kommt nach einer Abmahnung die Kündigung? Wie viele Abmahnungen müssen bis zur Kündigung erfolgen? Und wann ist eine Abmahnung überhaupt zulässig? All das erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Inhalt
Kompaktwissen: Kündigung vor einer Abmahnung
Es lässt sich nicht pauschal sagen, wann und ob nach einer Abmahnung die Kündigung folgt. Das hängt vor allem davon ab, ob das Verhalten, das die Abmahnung ausgelöst hat, erneut auftritt. Hier erfahren Sie, wann eine Abmahnung gerechtfertigt ist.
Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Anzahl an Abmahnungen, die einer Kündigung vorausgehen müssen. Der Arbeitgeber entscheidet im Einzelfall und ist hierbei zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit verpflichtet.
Bei besonders schweren Pflichtverstößen ist eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung möglich. Welche Verstöße das sind, erfahren Sie hier.
Nach der Pflichtverletzung kommt die Abmahnung
Eines vorweg: Eine Abmahnung ist mit einer Kündigung nicht zu verwechseln, denn Erstere wird vor einer Kündigung ausgesprochen, um den Arbeitgeber zunächst zu verwarnen und ihn auf seine Verfehlung hinzuweisen.
Eine solche Verwarnung werden Sie in der Regel schriftlich erhalten. Es ist auch erlaubt, eine Abmahnung lediglich mündlich auszusprechen, doch die Schriftform bietet den Vorteil der Dokumentierung. Die Abmahnung soll den Arbeitnehmer an seine vertraglichen Pflichten erinnern und ihm bewusst machen, dass auf sein Fehlverhalten im Zweifelsfall auch die Kündigung folgen kann.
Wie oft eine Abmahnung bis zur Kündigung ausgesprochen werden müssen, ist nicht genau festgelegt. So kann es nach 2 oder 3 Abmahnungen zur Kündigung kommen, aber auch eher oder gar später – entscheidend sind für den Arbeitgeber die Art der Vergehen und der Zeitraum, in dem sie stattfinden. Wie viele Abmahnungen vor einer Kündigung erfolgen, wird auch durch das Verhalten des Angestellten beeinflusst: Wenn der Arbeitgeber den Eindruck hat, dass der Arbeitnehmer sich um die Erfüllung seiner Pflichten bemüht, ist er unter Umständen eher bereit, von einer Kündigung abzusehen, als wenn der Arbeitnehmer in der Woche der Abmahnung direkt noch einmal zu spät kommt.
Welches Verhalten rechtfertigt eine Abmahnung?
Mit einer Abmahnung fordert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf, ein arbeitsvertragswidriges Verhalten einzustellen. Ein solches Verhalten kann sein:
- Alkoholkonsum am Arbeitsplatz
- Arbeitsverweigerung
- Arbeitszeitbetrug
- Diebstahl von Unternehmensgütern
- Störung des Betriebsfriedens (verbale und/oder körperliche Angriffe auf Kollegen)
- Fehlverhalten (gegenüber Kollegen, Kunden oder Vorgesetzten)
- Keine oder verspätete Krankmeldung
- Fehlende Krankschreibung (sofern erforderlich)
- Minderleistung
- Unabgesprochene Nebentätigkeit
- Privates Surfen im Internet (auf der Arbeit und/oder mit einem Arbeitsgerät)
- Rauchen ohne Genehmigung (in Bereichen, in denen am Arbeitsplatz Rauchverbot herrscht)
- Überstundenverweigerung (wenn die Überstundenforderung gerechtfertigt ist)
- Regelmäßige Verspätungen
Die Kündigung kann nach einer Abmahnung folgen, wenn der Abgemahnte im anschließenden Zeitraum sein Verhalten nicht oder nicht ausreichend bessert. Auch, wenn Abmahnungen nicht verjähren, verlieren sie mit der Zeit an Warn-Charakter. Bei einer Kündigung kann sich der Arbeitgeber also beispielsweise nicht auf eine Abmahnung beziehen, die schon fünf Jahre alt ist.
Der Grund für die Abmahnung und der Grund für eine spätere Kündigung müssen sich immer auf dieselbe Art des Verstoßes beziehen: Wer eine Abmahnung wegen Rauchens bekommen hat, kann nicht in der nächsten Woche gekündigt werden, weil er privat im Internet surft.
Kündigung ohne Abmahnung – wann ist das zulässig?
Einer verhaltensbedingten Kündigung muss in der Regel eine Abmahnung vorausgehen. Nur in zwei Fällen muss vor einer Kündigung keine Abmahnung erfolgen:
- Eine betriebs- oder personenbedingte ordentliche Kündigung kann ohne Abmahnung erfolgen, denn sie betrifft Umstände oder Eigenschaften, die der Arbeitnehmer – im Gegenzug zu seinem Verhalten – nicht ändern kann.
- Eine außerordentliche Kündigung kann ohne Abmahnung erfolgen, wenn besonders schwerwiegendes Verhalten des Arbeitnehmers vorliegt. Das kann beispielsweise bei schwerer Beleidigung oder Diebstahl der Fall sein. In diesem Fall ist die verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung gerechtfertigt.
Der Fall Emmely erlangte zwischen 2008 und 2010 große Aufmerksamkeit: Die Kassiererin Barbara Emme erhielt nach 30 Jahren Tätigkeit die fristlose Kündigung, da ihr das Einlösen von zwei Pfandbons im Wert von 1,30 Euro als Diebstahl angelastet wurde. Das Bundesarbeitsgericht stellte schließlich die Unverhältnismäßigkeit der Kündigung fest.
Eine fristlose Kündigung in der Probezeit ohne vorherige Abmahnung muss ebenfalls durch schwerwiegendes Verhalten begründet sein. Bei einer ordentlichen Kündigung gilt in der Probezeit eine verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen.
Auch einem Auszubildenden muss vor einer fristlosen Kündigung eine Abmahnung ausgesprochen werden.
Als Arbeitnehmer müssen Sie die Abmahnung nicht unterschreiben. Sie ist auch ohne Ihre Unterschrift gültig.
So können Sie auf eine Abmahnung reagieren
Eine Abmahnung kann eine Kündigung zur Folge haben, wenn der Abgemahnte sein Verhalten nicht zum Positiven verändert und weitere Pflichtverstöße stattfinden. Lag tatsächlich eine Pflichtverletzung vor, sollten Sie die Abmahnung also zur Kenntnis nehmen und Besserung geloben. Wenn Sie jedoch den Eindruck haben, dass die Abmahnung nicht gerechtfertigt ist, können Sie die folgenden Schritte unternehmen:
- Suchen Sie gegebenenfalls das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten, um die Situation zu besprechen. Vielleicht können Sie auch einen Kollegen bitten, Sie zu begleiten?
- Sie können, sofern vorhanden, auch mit dem Betriebsrat sprechen.
- Sie haben auch die Möglichkeit, eine Gegendarstellung der Situation zu schreiben, die zur Abmahnung geführt hat. Diese Gegendarstellung können Sie Ihrem Vorgesetzten vorlegen. Die Darstellung muss anschließend in die Personalakte mit aufgenommen werden.
Muster für ein Abmahnungsschreiben aufgrund von Verspätung:
Hier erhalten Sie das Muster eines Abmahnungsschreibens aufgrund von Verspätung.
Beachten Sie: Es handelt sich hierbei nicht um ein verbindliches Dokument, sondern um eine Orientierungshilfe, die der jeweiligen Anpassung bedarf. Es können je nach Anstellungsverhältnis und ausgehandelten Konditionen zusätzlich weitere Klauseln enthalten sein.
Laden Sie hier unser Muster als Word- oder PDF-Dokument kostenlos herunter.