Wann kann die Versetzung durch den Arbeitgeber angeordnet werden?

Artikel verfasst von Jörg K.

Letzte Aktualisierung am: 11. Juli 2024

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Die Versetzung ist im Arbeitsrecht nur unter bestimmen Umständen erlaubt.
Die Versetzung ist im Arbeitsrecht nur unter bestimmen Umständen erlaubt.

Viele Arbeitnehmer kennen die Angst vom Arbeitgeber plötzlich an einen anderen Arbeitsort versetzt zu werden. Damit muss nicht zwingend ein rein inhäusiger Wechsel des Arbeitsplatzes gemeint sein, sondern unter Umständen sogar ein ganz anderer Arbeitsort.

Doch darf der Chef so einfach eine Versetzung anordnen oder benötigt er hierfür die Zustimmung des Arbeitnehmers oder sogar des Betriebsrats? Ist im Arbeitsvertrag die Versetzung geregelt? Der folgende Artikel schafft Abhilfe bei all diesen Fragen und informiert Sie zur Versetzung im Arbeitsrecht.

Kompaktwissen: Versetzung

Was genau ist eine Versetzung?

Rein rechtlich betrachtet liegt eine Versetzung dann vor, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitsbereich für mindestens einen Monat wechseln muss – entweder indem ihm fortan an ein anderer Arbeitsort bzw. eine andere Abteilung zugewiesen wird oder indem er zukünftig andere Aufgaben als bisher erledigen muss.

Darf mich der Arbeitgeber einfach so versetzen?

Der Arbeitgeber darf seine Mitarbeiter versetzen, aber nur wenn es eine entsprechende arbeitsvertragliche Grundlage dafür gibt. Er darf aufgrund seines Weisungsrechts den Arbeitsort und -inhalt nur insoweit bestimmen, als er damit nicht gegen andere Bestimmungen aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag verstößt. Und er muss bei seinen Entscheidungen immer auch die Interessen des Arbeinehmers berücksichtigen.

Wie kann ich gegen eine Versetzung vorgehen?

Suchen Sie zunächst das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber und erklären Sie ihm, dass Sie mit der Versetzung nicht einverstanden sind. Lassen Sie zeitgleich die Versetzung und deren vertragliche Grundlagen von einem Arbeitsrechtsanwalt prüfen, denn eine „unbillige“ Versetzung oder Fehler im Arbeitsvertrag machen die Versetzung mitunter nichtig.

Was ist eine Versetzung?

Experten definieren Versetzungen als Abänderung der Rahmenbedingungen vom Beschäftigungsverhältnis. Diese Modifikationen können vorgenommen werden hinsichtlich:

  • des Arbeitsortes
  • der Tätigkeiten

Grundsätzlich ist es dem Arbeitgeber gemäß Arbeitsrecht gestattet, mit Hilfe vom sogenannten Direktionsrecht eine Versetzung des Arbeitnehmers vorzunehmen. Die notwendige Voraussetzung besteht hier darin, nach billigem Ermessen vorzugehen. Das bedeutet: Es ist ein Interessensabgleich beider Vertragsparteien vorzunehmen. Das jeweils schwerwiegendere Interesse entscheidet dann darüber, ob eine Versetzung zumutbar ist oder nicht.

Bei Versetzungen ist in der Regel nach billigem Ermessen vorzugehen.
Bei Versetzungen ist in der Regel nach billigem Ermessen vorzugehen.

Achtung: Gemäß Gewerbeordnung (§ 106) begrenzen arbeitsvertragliche Bestimmungen sein Handeln genauso, wie eine Betriebsvereinbarung oder ein zutreffender Tarifvertrag. Hierdurch wird das Handeln des Arbeitgebers beschränkt. Ist eine Versetzung nicht vom Direktionsrecht abgedeckt, ist der Arbeitsvertrag abzuändern bzw. eine Änderungskündigung vorzunehmen.

Bei letzterem handelt es sich nicht um eine eigentliche Kündigung, sondern um die Beendigung eines alten Vertrages mit dem gleichzeitigen Angebot eines neuen, allerdings mit anderen Bedingungen.

Um beurteilen zu können, ob die Versetzung vom Arbeitnehmer rechtens ist, bedarf es also zunächst eines Blickes in den Arbeitsvertrag. Der Arbeitsort und die zu absolvierenden Tätigkeiten sind hier festgelegt, so verlangt es das Nachweisgesetz (NachwG):

Der Arbeitgeber hat spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen: […]

  • der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, daß der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann
  • eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit […]“

(§ 2 NachwG)

Ist der Arbeitsort im Arbeitsvertrag also eindeutig definiert, hat der Arbeitgeber es schwerer, die vereinbarte Leistung an einem anderen Arbeitsort zu verlangen. Einfacher wird es für ihn, wenn eine Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag enthalten ist. Die auch als Versetzungsvorbehalt bekannte Formulierung gewährt ihm einen größeren Spielraum und erlaubt die Versetzung von einem Arbeitsort an einen anderen auch, wenn grundsätzlich ein fester Arbeitsort vereinbart wurde.

Aussehen kann eine solche Formulierung beispielsweise wie folgt:

Der Arbeitgeber behält sich vor, den Arbeitnehmer auch an einen anderen Ort zu versetzen, wenn ihm dies bei Abwägung der betrieblichen und persönlichen Umstände zuzumuten ist.“

Schauen Sie also in Ihrem Arbeitsvertrag nach, ob ein konkreter Arbeitsort im Arbeitsvertrag vereinbart wurde, oder Ihr Chef das Recht hat, Sie einfach in eine andere Stadt zu versetzen.

Was ist der Unterschied zwischen einer Umsetzung und einer Versetzung?

Als Versetzung definiert das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG):

[…] die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt, so gilt die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung.“ (§ 95 „Auswahlrichtlinien“ BetVG)

Die Versetzung muss vom Betriebsrat genehmigt werden.
Die Versetzung muss vom Betriebsrat genehmigt werden.

Die Versetzung ist von der Umsetzung abzugrenzen. Bei letzterer handelt es sich ebenfalls um die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches, es treffen jedoch nicht die bereits genannten Erfordernisse zu. Das heißt: Der Aufgabenbereich verändert sich für nicht länger als einen Monat oder die Veränderung ist nicht maßgeblich.

Muss die Versetzung vom Betriebsrat genehmigt werden?

Plant ein Unternehmen, das mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigt und über einen Betriebsrat verfügt, die Versetzung eines Arbeitnehmers an einen anderen Standort vom Betrieb, ist folgendes Prozedere unabdingbar: Bevor personelle Einzelmaßnahmen getroffen werden, bedarf die Versetzung der Zustimmung vom Betriebsrat (§ 99 BetrVG).

Dieser hat ein Anrecht darauf, umfänglich über die geplanten Maßnahmen und den betroffenen Mitarbeiter informiert zu werden.

Der Betriebsrat darf der Versetzung gemäß § 99 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz widersprechen, wenn beispielsweise hierdurch tarifvertragliche, gerichtliche oder behördliche Vereinbarungen und Anordnung verletzt würden oder dem betroffenen Arbeitnehmer hierdurch in ungerechtfertigter Art und Weise Nachteile entstünden. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, bleibt ihm eine Woche Zeit, seine Einschätzung schriftlich darzulegen. Tut er dies nicht, besteht die Mitbestimmung vom Betriebsrat darin, die Versetzung abzunicken.

Und was gilt als zumutbare Entfernung zum Arbeitsplatz? Das Arbeitsrecht definiert hier keine Maximalparameter, kommt es doch auf die jeweiligen Interessen der Vertragspartner an. Gerichte wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) lassen in ihre Entscheidung dabei in der Regel einfließen:

  • die Höhe des Verdienstes
  • der Umfang der täglichen Arbeitszeit

Bei der Versetzung an einen anderen Arbeitsort hängt die Zumutbarkeit daher vom jeweiligen Einzelfall ab.

Die Versetzung vom Arbeitnehmer – das Muster zeigt, wie das Schreiben aussehen kann

Wissen Sie wie ein Versetzungsschreiben aussieht und woran Sie es erkennen können? Nein? Dann erhalten Sie einen Einblick mit unserem Muster.

Name des Unternehmens
Funktion des Arbeitgebers
Name des Arbeitgebers
Straße und Hausnummer
Postleitzahl und Ort

Vor- und Zuname des Arbeitnehmers
Straße und Hausnummer
Postleitzahl und Ort

Ort, Datum

Versetzung

Sehr geehrte(r) Frau/Herr [Name des Adressaten],
hiermit machen wir in Übereinstimmung mit dem am [Datum einfügen] geschlossenen Arbeitsvertrag von unserem Direktionsrecht Gebrauch und versetzen Sie an unseren Unternehmensstandort in [Ort einfügen]. Wir bitten Sie, Ihre Arbeit pünktlich am [Datum einfügen] um [Uhrzeit einfügen] in der [Adresse einfügen] anzutreten.

Der Betriebsrat hat dieser Maßnahme bereits zugestimmt.

Zur Klärung der weiteren Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

________________________
Unterschrift des Arbeitgebers

________________________
Unterschrift des Arbeitnehmers

Versetzungsschreiben erhalten am: ________________________

Sind Sie mit Ihrer Versetzung nicht einverstanden, ist es ratsam, um Hilfe bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht zu ersuchen. Er prüft, ob Ihre Versetzung alle arbeitsrechtlichen Bestimmungen erfüllt und damit zulässig ist.

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Über den Autor

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Jörg K.

Jörg hat Rechtswissenschaften an der Universität Passau studiert. Nachdem er Erfahrung in verschiedenen Verlagen gesammelt hat, stieß er 2019 zur Redaktion von arbeitsvertrag.org. In seinen Ratgebern befasst er sich mit verschiedenen Themen rund um Arbeitsrecht.

10 Gedanken zu „Wann kann die Versetzung durch den Arbeitgeber angeordnet werden?

  1. Gabi

    Ich soll in ein anderes Haus mit anderen Arbeitszeiten
    versetzt werden, weil eine andere Kollegin dort nicht klar kommt.Angeblich für ein halbes Jahr. Ich glaube aber weil ich älter bin ( 56 Jahre),will mein Arbeitgeber mich austauschen.

  2. Marco

    mein Arbeitgeber hat in meiner Stadt 4 Standorte.
    vertraglich ist geregelt das ich in allen Standorten eingesetzt werden kann. was mich interessiert, wie lange im voraus muss mir mitgeteilt werden das ich an dem Tag an einem anderen Standort arbeiten muss, oder darf der Arbeitgeber mich Tag aktuell von jetzt auf gleich in einen anderen Standort schicken?

    vielen Dank

  3. Birgit

    Ich habe einen Arbeitsvertrag 2h in einer bestimmten grundschule seit september wurde ich umgesetzt in eine andere schule mit 1.25h muss ich mir das gefallen lassen?

  4. Myrthe

    Hallo zusammen,

    Mein aktuelles Projekt wurde abgebrochen und nun habe ich ein neues Jobangebot. Wissen Sie, wie lange mir der Arbeitgeber Zeit geben muss, um das Dokument zu prüfen und zu unterschreiben?

  5. Angelika

    Bin seit 34 Jahren im Amt.War fast 1 Jahr krank.Und bin jetzt wieder zur Eingliederung im Amt.Gleichzeitig hat man eine Krankenvertretung eingestellt. Und man will mich umsetzten und die Krankenvertretung behalten.Kann man mich einfach umsetzen?

  6. Arthur

    Hallo,
    ich bin seit guten 4 Jahren innerbetrieblich versetzt worden und möchte dort gerne für immer bleiben. Darf mein Arbeitgeber mich nach so einer langen Zeit einfach wieder auf meinen alten Arbeitsplatz zurückschicken (versetzen)?

  7. Ringer

    Ich bin seit 20 jahren Abteilungsleiter. Der neue Chef sagt das ich den neuen Herausforderungen nicht gewachsen bin . Er möchte einen neuen Abteilungsleiter einstellen und mich als schichtleiter einsetzen. Muss er trotzdem mein altes Gehalt fortzahlen

  8. Thomas

    Kann Versetzung um ca. 2 Wochen verlängert werden, obwohl ich schon schriftlich ! den Dienstantrittstermin habe ??

  9. Stephan

    Was ist denn, wenn ich versetzt werden möchte?
    Ich habe einen Versetzungsantrag gestellt, weil die Möglichkeit besteht erheblich weniger Pendelzeit zu beanspruchen. Dieser Antrag wurde aber vom Personalchef ignoriert. Was kann ich jetzt tun?

    1. arbeitsvertrag.org

      Hallo Stephan,
      da wir leider keine kostenlose Rechtsberatung anbieten dürfen, würden wir Ihnen empfehlen, sich diesbezüglich an einen Anwalt zu wenden.

      Ihr Team von Arbeitsvertrag.org

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