Die teilweise beträchtliche Lebenszeit, die auf dem Weg zum Arbeitsplatz und wieder nach Hause vergeht, ist der Grund, warum sich viele Fragen wie die folgenden stellen: „Wie viel Fahrzeit zur Arbeit ist zumutbar? Ist ein zumutbarer Arbeitsweg per Gesetz im Arbeitsrecht festgelegt? Was darf im Arbeitsvertrag stehen? Und wie weit darf mich das Arbeitsamt schicken?“
Wir haben uns im Folgenden mit solchen Fragen beschäftigt und wollen mit unserem Ratgeber umfassend aufklären. Dazu haben wir uns verschiedene Fälle angeschaut, in denen die Zumutbarkeit vom Arbeitsweg vor Gericht ausgehandelt wurde. Leider gibt es nämlich keine pauschale Antwort – die Frage danach, wie hoch eine zumutbare Entfernung zum Arbeitsplatz sein darf, ist häufig eine Einzelfallentscheidung.
Inhalt
Kompaktwissen: Zumutbarer Arbeitsweg
Der Begriff taucht in verschiedenen Zusammenhängen auf und wird dort jeweils unterschiedlich definiert. Im Arbeitsrecht spielt er zum Beispiel bei einer geplanten Versetzung des Mitarbeiters eine Rolle. Hier ist die Frage, ob der Arbeitgeber das so ohne Weiteres darf und welche Entfernungen dem Arbeitnehmer dabei zumutbar sind.
Wenn im Arbeitsvertrag nur ein bestimmter Arbeitsort vorgesehen ist, darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in der Regel nicht versetzen. Anders sieht es auch, wenn es keine Regelung im Vertrag gibt oder wenn dort mehrere Arbeitsorte vorgesehen sind. Ob die Entfernung bzw. Fahrzeit zumutbar ist, ist immer eine Einzelfallentscheidung.
Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger dürfen zumutbare Arbeiten nicht so einfach ablehnen. Anderenfalls gefährden sie ihren Leistungsanspruch. Für ALG-1-Empfänger richtet sich die Zumutbarkeit nach § 121 IV 2 SGB III und für ALG-2-Empfänger nach § 10 SGB II. Näheres erfahren Sie hier.
Zumutbarer und unzumutbarer Arbeitsweg für Arbeitslose
Zwar ist das Urteil darüber, inwieweit ein Arbeitsweg zumutbar ist oder nicht, wie erwähnt oft vom Einzelfall abhängig. Aber im Sozialgesetzbuch III (SGB III) zur Arbeitsförderung gibt es dennoch einige Angaben dazu, was in der Regel als zumutbarer Arbeitsweg für eine arbeitslose Person gilt.
Ein zumutbarer Arbeitsweg ist gemäß SGB § 140 Abs. 4 zu den zumutbaren Beschäftigungen:
Aus personenbezogenen Gründen ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung auch nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind.
Der Gesetzestext wird jedoch noch etwas konkreter, was den zumutbaren Arbeitsweg für den Arbeitnehmer betrifft:
- bis zu zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden (oder weniger),
- bis zu zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden oder
- wenn in der betroffenen Region längere Wegzeiten üblich sind, gelten diese als zumutbare Pendelzeiten
Kleinere Abweichungen von diesen Bestimmungen sind jedoch vom Arbeitnehmer zu akzeptieren.
Versetzung – Was gilt als zumutbare Entfernung zum Arbeitsplatz?
Werden bestimmte Tätigkeiten einer Firma ausgelagert, ist es im Interesse des Arbeitgebers, dass diese von den selben Angestellten bewältigt werden wie zuvor – diese sind schließlich mit Sicherheit qualifiziert und bereits eingearbeitet – ein zumutbarer Arbeitsweg ist dabei selten Bestandteil der Überlegungen. Daher schließen manche Arbeitsverträge die Möglichkeit einer Versetzung ein oder legen mit Absicht den Ort der Arbeitsstätte nicht explizit fest. Doch was ist in diesem Fall eine zumutbare Entfernung zum Arbeitsplatz? Hierzu sollen im Folgenden zwei Urteile besprochen werden.
Zwei Stunden mit den Öffentlichen eine zumutbare Fahrzeit?
Der Fall vom BAG am 17.08.2011 (Az: 10 AZR 202/10): Die Klägerin war seit mehr als 15 Jahren bei der Firma tätig. Weil die Zweigstelle, bei der sie arbeitete, aufgelöst wurde, versetzte der Arbeitgeber sie an eine andere, weiter entfernte Zweigstelle. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln benötigte die Arbeitnehmerin nun durchschnittlich zwei Stunden. Ihre Meinung: Dies ist kein zumutbarer Arbeitsweg.
Das Urteil und die Begründung: Der Weg zur Arbeit sei noch zumutbar. Das Bundarbeitsgericht (BAG) erklärte die Versetzung für rechtens, weil im Arbeitsvertrag der Arbeitsort nicht festgelegt war und dieser sich auch nicht innerhalb der 15 Arbeitsjahre der Klägerin auf den einen Ort konkretisiert hatte. Die Versetzung entspreche dem Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 der Gewerbeordnung (GewO). Dieser kann den Arbeitsort nach billigem Ermessen näher bestimmen, wenn eine umfassende Interessenabwägung ergibt, dass sein Interesse überwiegt.
660 km eine zumutbare Entfernung zum Arbeitsort?
Der Fall vom LAG Schleswig-Holstein am 28.08.2015 (Az: 3 Sa 157/15): 660 km von der Wohnung des Arbeitnehmers zum Arbeitsplatz galt für ein Bauunternehmen als zumutbarer Arbeitsweg. Der Betroffene war bis dahin als Isolierer auf einer Dauerbaustelle etwa 40 km von seinem Heim angestellt. Er versuchte, seinem Arbeitgeber klarzumachen, dass er dies nicht als zumutbare Kilometer zur Arbeit akzeptieren kann. Die Firma stellte sich jedoch quer. Sie hatte im Arbeitsvertrag eindeutig eine Versetzung inkludiert und hätte somit im zulässigen Bereich gehandelt.
Das Urteil und die Begründung: Das Landesarbeitsgericht (LAG) gab dem Arbeitnehmer recht: 660 km seien kein zumutbarer Arbeitsweg. Hier hatte keine ausreichende Interessenabwägung stattgefunden. Das Unternehmen hätte vielmehr berücksichtigen müssen, dass der Kläger verheiratet war und drei schulpflichtige Kinder zu Hause hat.
Das heißt: Auch wenn die Möglichkeit zur Versetzung ausdrücklich Bestandteil des Arbeitsvertrages ist, müssen vor einer Versetzung die familiäre Situation und die sozialen Lebensverhältnisse des Betroffenen im Vergleich zu den Arbeitgeberinteressen abgewägt werden. Sollten die Interessen des Arbeitnehmers überwiegen, muss ein Kollege versetzt werden, für den die neue Entfernung tatsächlich eine zumutbare Fahrzeit zum Arbeitsplatz darstellt.
Mit diesen Urteilen sehen Sie also: Was als zumutbare Entfernung zur Arbeit gilt, kann von Fall zu Fall unterschiedlich bewertet werden und hängt von vielen Faktoren ab.
Guten Tag
Sind 30-35 km einfach bei 2-3 h Arbeit auf Minijob Basis okay?
Hallo,
meine Frage geht anders herum: wie fern kann ein Arbeitnehmer vom Arbeitsort weg ziehen?
Fall: Arbeitsort Köln, steht auch so im Vertrag
Wohnort Köln, jedoch zieht der Arbeitnehmer ohne Abstimmung mit dem Arbeitgeber mit seiner Familie nach Stuttgart und baut dort ein Haus.
Arbeitnehmer geht davon aus, im Homeoffice arbeiten zu können. Arbeitgeber sieht das anders…
Gibt es hierzu Regelungen oder Entscheidungen?
Ich habe eine Frage zu einer Fahrtzeit.
Ich war 1 1/2 Jahre in einem festen Objekt , allerdings ist mein Vertrag so , das ich keinen festen Einsatzort habe.
Ich bin Krankheitsbedingt 7 Monate ausgefallen aus gesundheitlichen Gründen. Meine Strecke belief sich jeden Tag auf 35 km bei einer einfachen Fahrt. Also 70 Kilometer am Tag. Pro Strecke waren es 30-40 Minuten Fahrzeit. Jetzt bin ich wieder gesund und soll woanders hinversetzt werden. Meine Fahrzeit wäre pro Strecke 1 Stunde und 10 Minuten bei 86 km pro Strecke (172 km pro Tag) ist das rechtens?
Da steht bis zu 2 Stunden bei 6 Stunden oder weniger. One was oder hin und zurück?
Zählt der Weg nach der Arbeit die Kinder abholen auch zu der Zeit?
VG, Alexandra
Hallo Alexandra,
im Text wird von einer täglich zumutbaren Pendelzeit gesprochen, in Summe also der Hin- UND Rückweg.
Es wird immer nur von der direkten Strecke gesprochen. Abholungen von Schule und/oder Kinderbetreuung sind da nicht drin. Ab dem Punkt, an dem du nicht mehr den direkten Weg nimmst, befindest du dich nicht mehr auf dem Arbeitsweg, und bist somit auch nicht mehr über die gesetzliche Unfallversicherung versichert.
VG, Karin
Hallo Zusammen
Ich habe jeden Montag Teildienst .
Das heisst ich schaffe von 5.30 -10 Uhr habe dann pause und schaffe von 16 -20 Uhr .
Jeder bei jedem Arbeitsweg habe ich 50 min das heisst ich fahre über 3.5h an einem Tag hin und her.
Dürfen die das mit mir machen ??
moin würde gern fragen ob eine fahrzeit von ca 3-4 stunden zumutbar ist wenn die beschwaftigung nur 4 stunden betragt massname vom arbeitsamt finde ist recht unssinig aber naja ^^
mfg
Marcel
Arbeite am Tag offiziell 8 Stunden + nicht bezahlte Pause. Arbeitsbeginn 7.00 Uhr, Arbeitsende 16.00 Uhr.
Leider ist mein Arbeitsort nicht da, wo der Betrieb seinen Standort hat.
Fahre 30 min. zum Standort des Betriebes und von da zum Arbeitsort , so dass man um 7.00 Uhr dort mit der Arbeit beginnt. 16.00 Uhr Arbeitsende. Strecke wieder zurück.
zumutbare Fahrzeit von 2.50 Stunden überschritten,
Frage: Muss der Arbeitgeber diese Zeit bezahlen?
Ist eine tägliche An- und Rückfahrt von 5 Stunden zumutbar?
Hallo Xandrine,
unter welchen Voraussetzungen welcher Arbeitsweg als zumutbar gilt, können Sie unserem obigen Ratgeber entnehmen.
Ihr Team von Arbeitsvertrag.org
Es wird nicht immer klar, ob mit Arbeitsweg die einfache Strecke oder hin und zurück
gemeint ist, wäre schön wenn man das klar stellen könnte
Hallo Andread,
das kommt gewöhnlich auf den entsprechenden Zusammenhang an. § 140 Abs. 4 SBG III spricht von täglichen Pendelzeiten. In dem von uns erwähnten Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 28.08.2015 (Az: 3 Sa 157/15) ist hingegen von der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz die Rede. Im Zweifel empfehlen wir, die fraglichen Urteile im Einzelnen genau nachzulesen. Sie sind oft im Internet einsehbar.
Ihr Team von Arbeitsvertrag.org
für mich stellt sich jetzt die frage arbeitnehmer oder arbeitsloser. im §140 as.4 SGB III wird von Arbeistlosen Personen geredet, nicht aber von Arbeitnehmern. kann ich mich als Arbeitnehmer also überhaupt auf diesen Paragraphen stützen?
Mfg Danny